Eigentlich halte ich mich für recht gut informiert, wenn es um Themen geht, die mich interessieren. Dazu gehören natürlich vor allem Serien und Filme. Dass Steven Spielberg das Musical “West Side Story” neu verfilmt hat, ist aber irgendwie recht lang an mir vorbeigegangen. Erfahren habe ich davon erst, als Schauspielerin Rita Moreno in einem Interview dazu befragt wurde. Da war der Film schon längst gedreht. Im Dezember 2021 kam er in die Kinos, inzwischen kann man ihn auch streamen. Und genau das habe ich neulich getan. Einige Gedanken dazu.
- Ich war überrascht, dass der Film in derselben Zeit spielt wie das Musical bzw. die erste Verfilmung, also Ende der 1950er bzw. Anfang der 1960er Jahre. Irgendwie hatte ich gedacht, Steven Spielberg würde ihn in die Neuzeit verlagern. Die Themen, die der Film adressiert, wie Rassismus, Polizeiwillkür, Ganggewalt in sozialen Brennpunkten und Gentrifizierung, sind zwar heute noch relevant, aber doch irgendwie anders. Mehr Bezug zur Gegenwart hätte ich interessanter gefunden.
- Was aber auf jeden Fall zeitlos ist: Die Musik. Ich habe das Musical in der Schulzeit kennengelernt und habe mich damals in die Musik verliebt. Überwiegend kenne ich die Texte heute noch und kann mitsingen – was ich auch getan habe. Einer der Vorteile am Streaming. (Auch wenn ich das Kinoerlebnis in den vergangenen zwei Jahren wirklich sehr vermisst habe.)
- Der Film ist wirklich gut gemacht, wie von Spielberg nicht anders zu erwarten. Die Lieder und Tanzszenen sind mitreißend, das Liebesdrama herzzerreißend, das Ensemble ist hervorragend und am Schluss liefen bei mir sogar ein paar Tränen – obwohl ich ja wusste, wie der Film ausgeht. Und trotzdem hat er mich nicht so berührt, wie ich erwartet hätte. Aber das geht mir in letzter Zeit mit Neuverfilmungen öfter so.
- Ich wusste, dass Rita Moreno in dem Film mitspielt, hatte aber irgendwie an so etwas wie einen kurzen Gastauftritt gedacht. Immerhin ist die Frau inzwischen 90 Jahre alt. Dass sie eine nicht unwichtige Figur spielt und sogar eines der schönsten, berührendsten Lieder singt, hatte ich entsprechend nicht erwartet, es hat mich aber sehr gefreut. Es ist eine tolle Würdigung und schlägt einen schönen Bogen zur Verfilmung von 1961, in der Rita Moreno “Anita” gespielt hatte. Für die Rolle wurde sie 1962 u.a. mit einem Oscar als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet. Und die Geschichte scheint sich zu wiederholen, denn auch Ariana DeBose, die in der Neuverfilmung “Anita” spielt, ist für den Oscar nominiert – genau 60 Jahre später.
- Apropos Ariana DeBose: Wie toll ist es, dass sie mit diesem Film so erfolgreich ist und so gefeiert wird. Noch vor wenigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass eine offen queere Schauspielerin eine so kultige, heterosexuell konnotierte Rolle spielen darf. Und dafür auch noch jede Menge Preise gewinnt.